Das Schicksal hat noch nicht aufgehört, New Yorks Expolizeichef Isaac Sidel auf der Karriereleiter nach oben zu schieben: Hinter Michael Storm ist Sidel Vizepräsidentschaftskandidat der Demokraten. Eigentlich müsste er seine ganze Energie in den Wahlkampf stecken, aber seine Aufmerksamkeit wird von einem Familiendrama in Anspruch genommen: Ein junger Polizist wurde anscheinend von seinem Vater erschossen, der ebenfalls Polizist und ein enger Vertrauter Sidels ist - Sidel verbeißt sich in die Suche nach den Hintergründen. Um Sidel herum kreisen sein Leibwächter Boyle, Storms Tochter Marianna, der Graffitikünstler Aljoscha, Storms Frau Clarice mit ihrem mörderischen Liebhaber Bernardo, eine Ratte namens Raskolnikow und ein moderner Benja Krik, während er sich in einen Privatkrieg gegen das NYPD, das FBI und den fünfundachtzigjährgen "Schlächter von Bukarest" stürzt. Paradoxerweise scheinen die Wähler sich Sidel gerade darum zuzuwenden. Doch auch der amtierende Präsident hat noch ein paar Asse im Ärmel - und eins davon ist ausgerechnet Sidels große Liebe Margaret Tolstoi.
Zwar enthalten die Isaac- Romane alles, was man für Krimis braucht, aber irgendwie sind sie es doch nicht so wirklich. Auch als Politthriller funktioniert das Buch nicht richtig. Die Fälle sind mehr Hintergrund für das rauschhafte Tappen durch eine dschungelartige Stadtlandschaft, in welcher relativ wenige vertraute Orte eine verschwommene Orientierung bieten. Im Fokus stehen weniger die Kriminalfälle an sich, sondern mehr der Sumpf der öffentlichen Verwaltung, insbesondere Polizeikorruption, Günstlingswirtschaft und Verflechtung mit organisierter Kriminalität. Fälle werden, wenn überhaupt, durch Zufall, Spitzel oder bloße Willkür abgeschlossen. Liebloser Sex, brutale Gewalt, Drogen, Obdachlosigkeit, Misstrauen und Intrigen prägen Charyns New York. Dabei bildet Isaac Sidel keine Ausnahme: Er pflegt ein schlampiges Äußeres, trägt stets eine klobige Waffe, agiert nach einem eigenen Kodex, verbeißt sich in persönliche Vendettas, gewährt und entzieht seine Loyalität scheinbar willkürlich, opfert Menschen und Prinzipien, bricht selbst die Gesetze und wird dadurch stetig sowohl erfolgreicher als auch immer einsamer und verzweifelter. Auch alle anderen Figuren sind beeindruckend gezeichnet, hier insbesondere der idealistische Dougie und der widersprüchliche Bernardo.
Fazit: Charyns Romane sind fantastische Bücher für Leser, die eine Abwechslung vom normalen Krimiformat suchen. Wenn man die ersten zwanzig Seiten geschafft hat, macht Charyn süchtig. Man muss aber ein Faible für Zynismus und Großstadtmelancholie haben.
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